Fernglas

Journalist und Kolumnist Bernd Loose richtet sein ganz persönliches "Fernglas" auf den FC Energie, die Liga und alles was den Fußball betrifft. Nahezu wöchentlich gibt es hier eine neue Ausgabe für Euch zum Lesen.

VON MATCHBÄLLEN, GELBEN KARTEN UND NACHRÜCKERN

Nein, am vergangenen Samstag haben die Spieler des FCE keinen „Matchball vergeben. Ein Matchball ist per Definition ein „spielentscheidendes Ereignis in eineSportart ohne Zeitlimitierung“.

Die Verwendung des Begriffs Matchball im Fußball ist also definitiv falsch und darüber hinaus eine idiomatische Aneignung. In den heutigen Zeiten von ethnischen, kulturellen und sonstigen Aneignungen durchaus nicht unproblematisch. Und doch wildern die dem Fußball zugeschriebenen Sportjournalisten gerne in fremden, sprachlichen Gefilden, um ihren Nachrichten das gewisse Ultimative durch die Verwendung des fußballfremden Anglizismus zu verleihen. Der normalsterbliche Sportinteressierte bringt den Begriff „Matchball“ zunächst einmal mit dem Tennissport (oder auch Tischtennis) in Verbindung. Und jetzt nähern wir uns der – aus meiner Sicht – fehlerhaften Verwendung. Die Spiele gegen Erfurt, Babelsberg und Chemie Leipzig als „Matchbälle“ zu bezeichnen, ist insofern falsch, da mit einer erfolgreich gestalteten Begegnung aus diesen dreien noch überhaupt nichts gewonnen ist. Okay, Tim Heike hätte in der Nachspielzeit mit einem „lucky punch“ (sprachliche Aneignung aus dem Boxsport) den Staffelsieg klarmachen können. Aber das wäre immer noch nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu dem endgültigen, wahren „Matchball“ gewesen. Ein Tennismatch besteht aus Punkten, Spielen, Sätzen und Sieg. Ein Matchball ist die Erwartung, den letzten Punkt zu machen, den entscheidenden Satz zu gewinnen und damit das Match für sich zu entscheiden. Für mich, meine persönliche Meinung, ist der einzig alleinige „Matchball“ am 11. Juni irgendwo in Bayern beim Relegationsrückspiel zu verwandeln. Verbunden mit dem Aufstieg in die 3. Liga. Irgendwo heißt, der Süddeutsche Fußballverband wird ordnungsgemäß einen Teilnehmer an der Relegation zur 3. Liga melden. Dazu später mehr.

Ein echtes Thema in den zurückliegenden Tagen war ja auch die Verfahrensweise mit drohenden Gelbsperren unserer FCE-Kicker im Hinblick auf den 7. und 11. Juni. Es gab da verschiedene Annahmen und „Worst case“-Szenarien (sorry, Anglizismus, ich meine natürlich Entschuldigung), die durch die sozialen Medien schwirrten. Stand jetzt (ohne Gewähr; Ihr wisst: es haben schon Pferde vor der Apotheke …) spielen die gelben Karten im Hinblick auf die Relegationsspiele keine Rolle. Ist eigentlich logisch. Die Relegation ist kein Ligaspiel, unterliegt der Spielordnung des DFB.

Apropos DFB.

Da es in den vergangenen Tagen unterschiedliche Meldungen zu dem etwaigen Gegner und bereits in den Startlöchern stehenden „Nachrückern“ in der Relegation gab, habe ich mir gedacht, da fragen wir doch mal ganz dumm bei den Verbänden nach. Ergebnis: interessant, aufschlussreich und ein bisschen grotesk.

1. DFB

Anruf beim DFB bedeutet: man landet beim neuen, 150 Millionen Euro teuren Campus, dem „Heiligen Gral“ des deutschen Fußballs. Ich hatte innerhalb weniger Sekunden einen freundlichen, von der Stimme her jungen Mann in der Leitung („DFB-Campus Frankfurt, Schmidt, was kann ich für Sie tun?“), der sich geduldig mein Begehr anhörte. Ich stellte mich als „an der Regionalliga der Männer Interessierten“ vor. Wie ich später erfuhr, war ich über die Zentralnummer direkt beim Empfang gelandet. Das verdeutlichte mir sehr schnell, warummein Gesprächspartner nicht allzu fußballaffin klang. Nachdem ich meinen Vortrag beendet hatte, hörte ich ihn auf der Tastatur tippen. Ich hatte den zuständigen “Abteilungsleiter Regionalligen Männer“ verlangt. Keine Ahnung, ob es diese Position beim DFB gibt, klang aber aus meiner Sicht schlüssig und nicht minder beeindruckend. Nach ca. 45 Sekunden, ich hatte zwischendurch gefragt, ob er noch da wäre, kam die Auskunft, er hätte da in seiner Liste niemanden gefunden, nochmal 30 Sekunden Pause mit Tuscheln im Hintergrund, dann: ich sollte mich doch bitte an den zuständigen Landesverband wenden. Mit Rudi Völler wollte er mich auch nicht verbinden, der wäre nicht im Haus. Okay, unter 550 Mitarbeitern niemand zu Hause beim DFB für die Regionalligen. Ich fand und finde das befremdlich und ich fühlte mich auch so ein bisschen abgewimmelt. Ich fragte ihn, ob er mir eine Telefonnummer des Süddeutschen Fußballverbandes geben könnte. Nein, er hätte nur eine E-Mail-Adresse. Ich insistierte, dass ich die Information zeitnah bräuchte und nicht erst in drei Wochen. Da meinte er, er könne mir sonst nicht mehr helfen (ich weiß, dass mir nicht mehr zu helfen ist, aber das wusste er ja nicht …). Ich bedankte mich artig und beendete mein erstes und letztes Gespräch mit dem DFB.

2. NOFV

Zehnmal Freizeichen, keiner abgehoben. Okay, war kurz nach zwölf Uhr, „Mahlzeit!“. Ich dachte mir, alles klar. Der NOFV ist zu Tisch.

3. SuedFV

Um es kurz zu machen: ich habe beim SuedFV schnell jemanden erreicht, der mir unzweideutig erklärte, dass der SuedFV relativ wenig mit der ganzen Geschichte zu tun hat. Der dortige Mann am Telefon verwies mich zunächst an den DFB (netter Versuch). Dann konstatierte er, für die Meldung der qualifizierten Mannschaft zur Relegation zur 3. Liga wäre der Landesverband, in dem Fall der Bayerische Fußballverband zuständig. Okay, dachte ich mir, dann würde ich es später dort versuchen.

Dazu kam es dann nicht, weil zwischenzeitlich

4. ein Rückruf des NOFV erfolgte.

Das fand ich schon mal positiv. Nachdem ich mich vorgestellt und mein Ansinnen vorgetragen hatte, entstand ein nettes Telefonat, auch wenn wir am Ende nicht auf einen Nenner kamen. Mein Gesprächspartner erwähnte mehrfach, dass er nicht für die anderen Verbände sprechen könne, aber es durchaus möglich sei, entsprechende Spielordnung und Durchführungsbestimmungen vorausgesetzt,dass, wenn der Staffelsieger nicht die Voraussetzungen zur Teilnahme an der Relegation erfüllt, ein anderes Team, welches die Voraussetzungen zur Zulassung am Spielbetrieb der 3. Liga mitbringt (Stichwort: Lizenzierung), nachrücken kann. Zur Kenntnis genommen. Ich versuchte ihm zu vermitteln, dass nach meinem Verständnis nur ein Staffelsieger aufsteigen sollte, dem wollte er nicht zustimmen. Sein Job „wäre gemacht, wenn er einen Verein melden könnte, der die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt und dann auch idealerweise aufsteigt.“, bekräftigte der Mitarbeiter des NOFV.

Nicht klären konnte ich die Vorgehensweise, falls ein Verein die Relegation spielt, sich sportlich qualifiziert und dann keine Lizenz für die 3. Liga erhält. Konsequent wäre, dass dann der unterlegene Verein aufsteigt. Ein Unding ist es jedoch aus meiner Sicht, im Falle eines Falles die „Option Nachrücker“ ziehen zu können.

Für unseren FC Energie bedeutet das: gegen Babelsberg morgen im „zweiten Satz“ (Versuch) den Staffelsieg klarmachen, am 3. Juni den Landespokal in die Vitrine stellen und am 7. Juni im Wohnzimmer die Weichen so zu stellen, dass am 11. Juni irgendwo in Bayern der wahre „Matchball“ gesetzt werden kann.

Bernd Loose