02.05.2017 09:11 | Das Präsidium bezieht Position

Wir werden alle Mittel ausschöpfen

Sehr geehrtes Präsidium, seit Freitag sind nun einige Stunden und Tage vergangen. Wie beurteilt der Verein die Geschehnisse mit ein wenig Abstand?

Unverändert wirken diese Vorkommnisse in all ihren furchtbaren Umfängen und Ausmaßen. Das Spiel ist missbraucht worden, nicht wie es so oft in den letzten Tagen behauptet wurde von Energiefans, sondern von Kriminellen und Gewalttätern, die leider das Brandenburgderby für sich genutzt haben, um Straftaten auszuüben und politisch aktiv zu sein. Diese Personen bewegen sich für uns nur schwer verhinderbar im Umfeld unseres Vereins und wollen Personen schaden, aber auch nachhaltig unseren Verein und unsere Fankultur zerstören. Wir distanzieren uns ganz klar von diesen Straftätern und Störern. Das sind keine Anhänger unseres Vereins und wir haben keinen von ihnen darum gebeten unsere Spiele zu besuchen. Im Gegenteil, wir wollen sie nicht.

Hätten aus Ihrer Sicht die Vorkommnisse verhindert werden können?

In Vorbereitung des Spiels gab es insgesamt drei Sicherheitsberatungen sowie verschiedene Absprachen zwischen den Vereinen und mit den für die Sicherheit relevanten Stellen und Institutionen. Insbesondere wegen der Brisanz dieses Spieles, des rivalisierenden Verhältnisses der Fanlager und den Vorkommnissen während der beiden letzten Aufeinandertreffen wurde vorbereitend sehr umfangreich zusammengearbeitet. Üblicherweise findet vor einem Ligaspiel eine Sicherheitsberatung statt. Gemeinsam mit den Vertretern vom SV Babelsberg 03 und den Polizeibehörden haben wir hier partnerschaftlich zusammengewirkt. Im Ergebnis dieser Beratungen wurde festgelegt, keine Tageskasse zu öffnen, Ordner aus Cottbus zu entsenden und im Vorfeld eine gemeinsame Pressemitteilung der Vereine zu veröffentlichen.

Wie bewerten Sie das Sicherheitskonzept aus Ihrer Sicht?

Grundsätzlich waren die vorher besprochenen Maßnahmen im Rahmen des Sicherheitskonzepts richtig. Dennoch muss im Nachgang genau aufgearbeitet werden, was gut und was weniger gut funktioniert hat, um für künftige Spiele noch besser aufgestellt zu sein.

Zu glauben, dass diese Störer willkürlich, ohne Vorbereitung und ohne Plan agieren ist sicher ein Trugschluss. Das wirkt professionell geplant und organisiert. Welche Gruppen, Personen sind für dafür verantwortlich?

Wir sprechen hier von Personen, die sowohl der losen als auch organisierten rechtsextremen Klientel zuzuordnen sind. Mitglieder der Gruppen Inferno Cottbus und Unbequeme Jugend, mit dabei war auch zweifelsfrei eine nicht unwesentliche Anzahl von Personen der „New Society“ Chemnitz. Weder mit Gesprächen, noch mit personalisiertem Kartenverkauf werden Platzstürme oder das Einbringen von Pyrotechnik verhindert. Die Störer müssen zweifelsfrei festgestellt sein, um sie zu sanktionieren, denn dann erhalten die jeweiligen Veranstaltervereine, in diesem Fall der SV Babelsberg 03, auch die entsprechenden Personalien. Dies gelingt entweder durch direkten Zugriff oder durch das Feststellen und den Einsatz von professioneller Videotechnik und anschließendem „Herausziehen“ der Störer aus dem Block.

Was hat der Verein seit Freitag unternommen um die Vorkommnisse zu verfolgen?

Wir stehen in engem Kontakt mit dem Sicherheitsbeauftragten des SV Babelsberg 03, da dieser als Hausrechteinhaber und Veranstalter die Datenabfrage bei der Polizei erledigt. Wir haben darum gebeten im Rahmen der datenschutzrechtlichen Spielregeln auch uns diese zeitnah zukommen zulassen. Wir werden als Verein alle rechtlichen Möglichkeiten und weiterführende Maßnahmen prüfen. Dazu haben wir erste Auswertungsgespräche mit dem verantwortlich eingesetzten Mitarbeiter des begleitenden Ordnungsdienstes, dem Sicherheitsbeauftragten des FCE, allen sicherheitsbehördlichen Instanzen sowie dem SV Babelsberg 03 geführt. Nun gilt es alle Film- und Videomaterialien zusammenzuführen, um auf allen Ebenen aktiv werden zu können.

Welche Maßnahmen könnten das konkret sein?

Das wären zum Beispiel der Ausspruch unbefristeter bzw. lebenslanger Hausverbote für die ermittelten Personen bzgl. aller Liegenschaften und Veranstaltungen des FC Energie Cottbus und bundesweite Stadionverbote. Sanktionierung der führenden Köpfe und bekannten Drahtzieher der Gruppierungen ebenfalls mit bundesweiten Stadionverboten und unbefristeten Hausverboten. Wir bitten in dieser Sache auch die Öffentlichkeit um Unterstützung, wer Material zur Überführung von Tätern hat, diese auch den ermittelnden Behörden zukommen zu lassen.

Dass auf den Verein eine erheblich Strafe zukommt steht wohl außer Frage. Womit rechnen Sie und wie werden sie reagieren?

Wir müssen grundlegend die Sanktionierung der Vereine in Frage stellen. Welchen Effekt haben diese Strafen bisher erzielt, außer den Vereinen Mittel zu nehmen, die in weitere Sicherheitsmaßnahmen wie zum Beispiel modernste Videotechnik gesteckt werden sollten. Wir werden die Sportgerichtsbarkeit des NOFV anregen, ein „rechtlich einwandfreies“ Urteil für die Vorkommnisse zu fällen, ggf. auch unter Hinzunahme der weiteren offenen Ermittlungsverfahren. Hintergrund hierfür ist, dass dieses Urteil dann die Grundlage gemeinsam mit dem „positiven“ Abschluss der Ermittlungsverfahren der Polizei und der Staatsanwaltschaft nach entsprechender Urteilsfällung durch die Gerichte und strafrechtlicher Verurteilung der Störer ist, das dann ebenfalls zur Durchsetzung der zivilrechtlichen Ansprüche des Vereins und somit die Geltendmachung der Verbandsstrafe an die Störer überhaupt erst möglich macht. Wir werden alle Mittel ausschöpfen!

Sind darüber hinaus weitere Sanktionen möglich?

Die Möglichkeiten zur Sanktionierung sind damit für uns als Verein ganz klar ausgeschöpft. Wie bereits gesagt können wir lediglich mit der strafrechtlichen Verurteilung dieser Störer anschließend versuchen, die Geldstrafen der Verbände an die Störer weiterzugeben, in der Hoffnung, dass sie nicht mittellos sind und wir dann noch auf den Gerichtskosten sitzen bleiben.

Was gilt es für die Zukunft zu beachten?

Der FC Energie Cottbus steht für Fairness, Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz und lehnt jegliche Formen von Diskriminierung, Rassismus und Gewalt konsequent ab – das haben wir uns auf unsere Fahnen geschrieben und immer wieder deutlich gemacht. Wir machen als Verein sehr viel, beteiligen uns im Rahmen der Initiative für Vielfalt und Toleranz an vielfältigen Aktionen und werden auch weiterhin in Zusammenarbeit mit allen Netzwerkpartnern präventiv tätig sein. Der FC Energie wird sich zeitnah am Plenum des „Cottbuser Aufbruch“ beteiligen. Eine entsprechende Einladung der Initiatoren sowie die Zusage des Vereins erfolgte bereits in der vergangenen Woche. Zudem distanzieren wir uns klar von diesen Stören und vor allem von Neonazis. Das Thema Zivilcourage muss durch Verbände, Vereine aber vor allem auch durch Öffentlichkeit gefördert werde. Hierbei sind insbesondere auch die Medien gefragt.

Wie meinen Sie das bezüglich der Medien?

In der heutigen schnelllebigen Zeit bekommt man immer mehr den Eindruck, dass es oftmals um schnelle Sensationen und Berichterstattung geht ohne auch mal die wirklichen Gegebenheiten zu hinterfragen. Einige Medienvertreter schieben binnen weniger Minuten die Vereine in die Verantwortung ohne die wirklichen Möglichkeiten und rechtliche Maßgaben zu beachten. Man wird unter Druck gesetzt irgendetwas zu sagen ohne faktische Erkenntnisse zu besitzen. Wir haben das im Nachgang bewusst anders gemacht, uns in Ruhe beraten und nicht treiben lassen. Es heißt zumeist „die Vereine müssen...“ - ein Lösungsansatz kommt dabei nicht. Die Verantwortung für diese Vorfälle tragen letzten Endes ausschließlich die Störer selbst. Das sollte man an dieser Stelle auch mal festhalten.

Haben Sie eine Anregung, um die Möglichkeiten für die Vereine zu verbessern?

Wir würden uns wünschen, dass die Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichtsbarkeit durch die Politik gestärkt werden. Das betrifft sowohl ihre finanztechnischen Ausstattung, um Überwachungsmaßnahmen durchzuführen, als auch die personellen Umfänge. Und das nicht, um unseren Verein primär zu schützen, sondern den gesellschaftlichen Auswüchsen besser und schneller Herr werden zu können.

Abschließend:

Möchten wir uns beim Schiedsrichtergespann für ihr besonnenes Verhalten und Spielleitung bedanken. Der möglicherweise durch die Störer angestrebte Spielabbruch konnte damit verhindert werden. Ebenso bedanken wir uns bei allen friedlichen Fans auf beiden Seiten für die vorbildliche Unterstützung und den Aktiven beider Mannschaften auf dem Platz, die sich sportlich fair verhalten haben.

 

Das Präsidium des FC Energie Cottbus e.V.

Michael Wahlich, Werner Fahle und Georg Kapplinghaus