22.06.2017 15:00 | Zivilcourage, Maßnahmen und klare Positionierung gegen Rechtsextreme bringen Geisterspiel und Geldstrafe

Geisterspiel und hohe Geldstrafe

In Folge fortgesetztem und unsportlichem bzw. kriminellem Verhalten der Cottbuser Anhänger – so lautet die Urteilsbegründung - verhängt das Sportgericht des NOFV in Summe eine Geldstrafe über 16.000 Euro und ein Heimspiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dabei wurde durch die Sportgerichtsbarkeit des NOFV für die Verfehlungen bei den Partien in Meuselwitz (Beschädigung Treppen- und Zaunanlage), Leipzig (Feuerzeugwurf) und Bautzen (Pyrotechnik) der Verein zu einer Gesamt-Strafe von 6.000 Euro verurteilt. Für die Geschehnisse beim Auswärtsspiel in Babelsberg wurde der Verein zu einer Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro verurteilt. Zudem soll das erste Heimspiel nach Rechtskräftigkeit des Urteils der Regionalliga-Saison 2017/2018 unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.

Auch wenn in der Urteilsbegründung bzw. bei der Strafbeimessung die vom FC Energie getroffenen Sicherheitsmaßnahmen, Initiativen und bereits geleisteten Zusatzausgaben angeblich Berücksichtigung gefunden haben, ist das Strafmaß katastrophal, entspricht dabei nicht mal ansatzweise den Gegebenheiten und Anstrengungen des Vereins und belastet dabei den Etat des FC Energie gewaltig.

„Die Strafe ist für unseren Verein eine absolute Katastrophe. Wir haben ja mit vielem gerechnet, aber mit diesem Urteil ohne Sinn, ohne Unterstützung in unserem Bestreben gegen Störer und vor allem mit der Generalaburteilung unserer gesamten Anhängerschaft war nicht zu rechnen. Wir haben alles, wirklich alles in unserer Macht stehende getan, um solche Dinge zu verhindern. Wir geben jährlich sechsstellige Beträge für Sicherheitsmaßnahmen aus. Positionieren uns klar gegen Rechtsextremismus und haben Anhänger, die sich diesen Störern beim Spiel in Bautzen in den Weg gestellt haben. Als Anerkennung dafür werden wir nun in einer Art und Weise bestraft, die nach unserer Auffassung jeglicher Verhältnismäßigkeit entbehrt und die Verhältnisse umkehrt. Unsere Fans, die Zivilcourage gezeigt haben, werden nun ausgesperrt – der Verein, der sehr viel tut wird finanziell schwer belastet und in seinen Bemühungen ganz klar zurückgeworfen. Was beim ersten Lesen als schlechter Aprilscherz rüberkommt, dürfte als Feiertag für alle Störer, Rechtsextreme und Krawallmacher in ihre Geschichtsbücher eingehen. Eins ist ganz klar - nach diesem Urteil wird sich niemand mehr im Block aus der Anhängerschaft den Störern in den Weg stellen und ich kann das verstehen.

Ich stelle an dieser Stelle ganz offensiv Fragen. Welche Lösungsansätze sieht die Sportgerichtsbarkeit für derartige Gebaren, außer Strafen zu verhängen, die weder bisher etwas gebracht haben noch in Zukunft etwas bringen werden? Zudem steht die Frage im Raum was mit den Strafgeldern passiert? Werden diese für Präventivarbeit des Verbandes eingesetzt und wenn ja, wie wird diese aussehen und wer wird diese übernehmen? Warum wird es den Vereinen nicht gestattet, diese Aufwendungen in weiterführende sicherheitsrelevante Maßnahmen zu investieren, wie beispielweise Ordnerbegleitung bei Auswärtsspielen? Den Vereinen wird stets eine Verantwortung für die Verfehlungen und Straftaten von Personen, die der jeweiligen Anhängerschaft zugeordnet werden, gegeben. Wie weit geht in solchen Angelegenheiten die Verantwortung des Verbandes für seine Mitgliedsvereine und deren Anhänger? Die zu leistenden Strafgelder und die zu erwartenden Umsatzeinbußen bei einem „Geisterspiel“ bewegen sich in einem sechsstelligen Bereich – eben durch die Geldstrafe, Einnahmeverluste aus Ticketing und Rückforderungen von Sponsoren durch nicht erbrachte Werbeleistungen bzw. Sichtkontakte durch Zuschauer.

Wir sollen für Sicherheit sorgen und diese auch finanzieren, doch die dafür grundlegend notwendigen Einnahmequellen werden uns per Strafurteil genommen. Das ist weder logisch noch sinnvoll.“, zeigt sich Präsident Michael Wahlich schockiert über das Strafmaß.

Nach eingehender und intensiver Beratung von Präsidium und Verwaltungsrat hat der Verein sich dazu entschieden gegen die Urteile in Berufung zu gehen. In seiner Verantwortung im Sinne und zum Wohle des Vereins zu handeln, werden die notwendigen rechtlichen Schritte eingeleitet. Der Gang auch bis vor ein Zivilgericht wird hierbei nicht ausgeschlossen.

Der Verwaltungsratsvorsitzende des FC Energie, Matthias Auth: “Wir werden gegen diese Urteile in Berufung gehen. Es kann nicht sein, dass wir als Verein für Dinge zur Verantwortung gezogen werden, die wir nicht zu verantworten haben. Ich kann weder für das Strafmaß noch deren Begründung Verständnis aufbringen. Die Strafbemessung torpediert jegliche Bemühungen unseres Vereins gegen solche Gebaren vorzugehen. Wir stehen seit Wochen, Monaten, eigentlich seit Jahren in regem Austausch mit Vertretern der Polizei, der Politik und der Zivilgesellschaft. Wir haben mit der Initiative für Vielfalt & Toleranz, der klaren Botschaft „Kein Platz für Nazis“ sowie der Teilnahme am Plenum des „Cottbuser Aufbruch“ mehrfach und vor allem deutlich Position bezogen und stellen uns entschlossen gegen Rassismus, Extremismus und Gewalt. Wir haben Stadionverbote und unbefristete Hausverbote ausgesprochen und streben einen nachhaltigen Dialog mit unseren Fans an. Dazu führen wir in enger Zusammenarbeit mit dem sozialpädagogischen Fanprojekt Cottbus eine Fanvollversammlung am 07. Juli durch. Diese Maßnahmen sind langfristig geplant worden und kein Aktionismus.

Ich frage mich ernsthaft welche Signalwirkung solch ein Urteil haben soll? In Bautzen haben Energiefans, die oft beschriebene Zivilcourage deutlich gezeigt, jedoch erfährt dies im Urteil nur unzureichende Würdigung. Man muss sich nur mal vor Augen führen, dass für die Vorkommnisse in Bautzen das Sportgericht drei Monate zur Urteilsfindung benötigt – Babelsberg hingegen innerhalb von fünf Wochen ausgeurteilt wird. Mit diesen Urteilen wird jegliche Motivation zukünftig solch einen positiven Selbstreinigungsprozess – wie in Bautzen - zu begleiten schlichtweg zunichte gemacht. Damit verlieren wir, als Freunde des Fußballs, alle gemeinsam. Es erweckt sogar den Anschein, dass am Ende diejenigen, die nicht zu unserem Verein gehören, den Fußball als Plattform für kriminelle Handlungen missbrauchen und dem FC Energie bewusst schaden wollen letztlich die Gewinner sind. Das ist in dieser Form für uns nicht hinnehmbar.“