17.01.2019 16:00 | Werner Fahle und Matthias Auth im Interview

Die Zukunft gestalten

Das Jahr 2019 hat begonnen, die ersten Vorbereitungsspiele liegen hinter der Mannschaft von Cheftrainer Claus-Dieter Wollitz und der Ligastart mit dem Heimspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden am 26. Januar ist in wenigen Tagen in Sicht. Anlass genug für Werner Fahle als neuer Präsident des FC Energie Cottbus und den Verwaltungsratsvorsitzenden Matthias Auth sich in einem umfassenden Interview zu äußern.

Herr Fahle, Sie sind seit 2016 als Vize-Präsident beim FC Energie in Funktion und nun seit Anfang dieses Jahres der Präsident. Die Bereitschaft dazu hatten Sie bereits frühzeitig signalisiert. Wie blicken Sie zurück?

Wir haben in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren sehr viel erlebt, sportlich sage ich sogar, erleben müssen. Die Realität hieß Regionalliga und das zwei Spielzeiten lang. Ziel und Aufgabe war es, den FC Energie zurück in den Profifußball zu bringen, was uns am 27. Mai 2018 eindrucksvoll gelungen ist. In der Tat standen wir im Sommer 2016 ohne Mannschaft und mit wenig Perspektive da. Doch insbesondere durch die Bereitschaft von Pele Wollitz, sich diesem Projekt anzunehmen, hier etwas aufzubauen und zu entwickeln, konnte dies gelingen. Die handelnden Personen im Funktionsteam, der Geschäftsstelle und -führung, in den Gremien in Zusammenarbeit mit allen Partnern und großen wie kleinen Sponsoren, haben stets daran gearbeitet, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Rahmenbedingungen sind naturgemäß von finanziellen Möglichkeiten abhängig, was den Verein trotz der sportlichen Ambitionen letztlich wenig Spielraum gab. Herr Auth, wie ist es gelungen diesen Spagat zu schaffen?

Durch eine vertrauensvolle und zielorientierte Zusammenarbeit im Verein selbst und ein enges Zusammenrücken mit allen Sponsoren und Unterstützern. Wir konnten und können uns auf unsere strategischen Partner verlassen, denn das ist die Basis. Selbstverständlich haben wir auch von nicht planbaren Transfererlösen für Maximilian Philipp, der vom SC Freiburg zu Borussia Dortmund wechselte oder auch unserem Keeper Alexander Meyer mit dem Wechsel zum VfB Stuttgart, profitiert und dadurch finanzielle Entlastung geschaffen. Wir konnten Verbindlichkeiten abbauen und einen soliden Finanzplan aufstellen. Trotz der nachhaltigen Unterstützung durch unseren Hauptsponsor, der großen und kleinen Sponsoren, für deren Engagement wir uns ausdrücklich bedanken, waren diese zwei Jahre in der Regionalliga nicht einfach mal so aus dem Ärmel zu schütteln. Da steckt von allen Seiten aus viel Arbeit, Einsatz und Ausdauer drin. Auch mit der Einwerbung von Fördermitteln bleibt der Erhalt unserer Stadien und Immobilien ein Kraftakt.

Herr Fahle, nicht ausschließlich des Rücktritts von Michael Wahlich wegen gab es notwendige Veränderungen im Präsidium und Verwaltungsrat. Wie bewerten Sie die nun erfolgte Aufstellung der Vereinsgremien?

Wir sind für den Verein handlungs- und beschlussfähig und personell so aufgestellt, dass wir den FC Energie nachhaltig begleiten und entwickeln können. Nicht zuletzt haben wir uns genau das auf die Fahnen geschrieben. Ohne an dieser Stelle nochmals zurückblicken zu wollen, war durch die zeitnahe Klarheit des Abschieds von Michael Wahlich für uns genug Zeit, die „Weichen“ zu stellen. Wir haben uns in enger Absprache mit dem Verwaltungsrat für die Stelle im Präsidium auf eine interne Lösung verständigt und konnten Dr. Axel Harnath dafür gewinnen, aus dem Verwaltungsrat ins Präsidium zu „wechseln“. Im Zuge dessen haben wir in den Gremien den Beschluss gefasst, dass das Präsidium per 1. Januar 2019 aus dem Präsidenten sowie mit Georg Kapplinghaus und Dr. Axel Harnath aus zwei Vize-Präsidenten besteht.

Herr Auth, möchten Sie ergänzen?

Sehr gern. Wir haben es so, wie Werner es anspricht, gehandhabt. Nachdem zuvor im September bereits Frank Szymanski für den Oberbürgermeister Holger Kelch kooptiert wurde, war nun durch den „Abgang“ von Dr. Axel Harnath eine weitere Position im Verwaltungsrat vakant. Mit der Berufung von Matthias Rudolf, als Vorstand des Regionalverbandes Südbrandenburg der Johanniter-Unfall-Hilfe, haben wir mehr als nur ein neues Verwaltungsratsmitglied gefunden. Wir kennen und schätzen uns seit Jahren. Insbesondere auch daher, weil die Johanniter ein stets verlässlicher und starker Partner unseres Vereins sind. Daran hat Matthias Rudolf einen großen Anteil. Wir sind sehr froh, dass sich Matthias für diese verantwortungsvolle Aufgabe begeistern konnte. Die satzungsgemäß durch den Ehrenrat des Vereins bestätigten personellen Veränderungen im Verwaltungsrat werden auf der Mitgliederversammlung in diesem Sommer zur Wahl gestellt. Alle Gremienmitglieder leisten ihre umfangreichen Arbeiten im Ehrenamt.

Herr Auth, die personellen Strukturen im Verein sind somit klar. Wie sehen die finanziellen Möglichkeiten für die nahe und ferne Zukunft aus?

Fest steht, dass wir den Weg der Konsolidierung ebenso konsequent wie bisher weitergehen und nur das, was wir haben und verantworten können, ausgeben werden. Wir stehen nicht für waghalsigen Aktionismus und finanzielle Risiken, sondern für solides und überlegtes Wirtschaften. Hinzu kommt, dass wir durch den inhaltlich mit dem Verkauf der Namensrechte am Stadion der Freundschaft geschlossenen Vertrag mit der Sparkasse Spree-Neiße Planungssicherheit über die aktuelle Saison hinaus erhalten haben. Damit garantiert der strategisch wichtigste Partner mindestens bis zur Saison 2019/2020 den Profifußball in der Lausitz.

Die Erschließung neuer Geldquellen und die Ausweitung diverser Sponsoring-Engagements zählen sicher auch zu den kommenden Aufgaben des Präsidenten, Herr Fahle?

Das wird neben der Zusammenarbeit und Betreuung unserer treuen aktuellen Sponsoren eine der Hauptaufgaben sein. Diesbezüglich sind wir auch an vielen Stellen „unterwegs“, um jede seriöse Möglichkeit zu nutzen, Geld für die sportliche und wirtschaftliche Entwicklung des FC Energie zu generieren. Auf dubiose oder risikobehaftete Angebote werden wir auch weiterhin nicht eingehen - da sind wir total geerdet und klar. Große Sorgen bereitet uns der politisch gewollte Strukturwandel, was die Region tragende Braunkohlewirtschaft betrifft. Nahezu all unsere Sponsoren werden direkt oder indirekt davon betroffen sein. Wenn es nicht gelingt, die über 8.000 Industriearbeitsplätze eins zu eins zu ersetzen, dann wird die Wirtschaftskraft der Lausitz, die auch unsere finanzielle Basis ist, nachhaltig geschwächt. Dennoch möchte ich an dieser Stelle die Möglichkeit nutzen, um einmal die sehr gute Arbeit unserer Marketingabteilung herauszustellen, da diese meiner Auffassung nach oftmals zu wenig Wertschätzung erfährt. Möglicherweise wurde dies in der Vergangenheit auch nicht immer in den richtigen Fokus gerückt. Wir liegen im Bereich der Vermarktung auf einem absolut hohen Niveau, haben seit Jahren erstmals alle Werbepräsenzen im Stadion verkauft, machen im Webmarketing und den sozialen Netzwerken zusehends Fortschritte und auch das Merchandising konnte über die zurückliegenden Jahre merklich professionalisiert und entwickelt werden. All diese und noch viele weitere Themenfelder sind wichtig, denn wir wollen die Zukunft des Vereins gestalten. Wir packen es an.

Es anzupacken gilt vor allem auch für die sportliche Abteilung. Wie sehen die Perspektiven und Ziele in diesem Bereich aus?

Das Ziel in dieser Saison ist ganz klar der Klassenerhalt, den wir mit aller Kraft erreichen wollen. Wir brauchen uns nichts vormachen, dass ein erneuter Schritt in die Viertklassigkeit für den Verein nur sehr schwer zu stemmen sein würde. Deshalb benötigen wir ein hohes Verantwortungsbewusstsein und vollen Einsatz. Unser Cheftrainer Pele Wollitz gibt immer hundertprozentigen Einsatz und ist auch neben dem Platz unermüdlich unterwegs, weil er den FC Energie lebt, liebt und eine Identifikation mit sich bringt, die Seinesgleichen sucht. Zudem haben wir dank der Unterstützung durch unseren Hauptsponsor den finanziellen Spielraum, um in dieser Winter-Transferperiode etwas am Kader zu verändern. Wenn wir nur die verletzungsbedingte personelle Lage nehmen, dann wird jedem klar, dass wir handeln müssen. Hierbei haben wir vollstes Vertrauen in unsere sportliche Leitung. Wir wollen in Cottbus und der Lausitz den Profifußball dauerhaft erhalten und entwickeln. Gelernt habe ich in meiner bisherigen Zeit im Präsidium, dass sportliche Erfolge anders als unternehmerische Erfolge zu erzielen sind. Im Sport gibt es noch viele weitere Faktoren, die das „Pendel“ positiv oder negativ ausschlagen lassen können.

Herr Fahle, die kaufmännische Leitung wird mit Karsten Sachs ab Februar ein neuer Geschäftsführer übernehmen, der sich in einem langen Bewerbungsprozess am Ende durchgesetzt hat und ebenso das Vertrauen der Vereinsgremien benötigt.

Das Vertrauen hat er, sonst hätten wir uns bei der Besetzung dieser wichtigen Position nicht für ihn entschieden. Die Suche nach einem geeigneten Nachfolger haben wir mit einem Ausschreibungsverfahren, im Zuge dessen sich fast 80 Kandidaten bewarben, durchgeführt. Ein Arbeitsgremium bestehend aus Vertretern von Präsidium, Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung hatte sich dabei detailliert mit allen Bewerbern auseinandergesetzt. Schon zu Beginn der Sichtung aller Bewerbungsunterlagen war der Eindruck von Karsten Sachs sehr positiv. Diesen Eindruck konnte er in den darauffolgenden persönlichen Gesprächen bestätigen, was letztlich dazu führte, dass wir uns auf ein zunächst für zwei Jahre befristetes Arbeitsverhältnis verständigen konnten. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit.

Herr Auth, neben den wirtschaftlichen, sportlichen und personellen Aspekten sind die Vereinsmitglieder und Fans immer ein wichtiger Rückhalt und eine solide Basis für den Verein. Wie wird sich die weiterführende Zusammenarbeit und Begleitung der Anhängerschaft darstellen?

Fans sind das Wichtigste überhaupt – ohne Fans gäbe es den Fußball wahrscheinlich gar nicht und ohne unsere Fans gäbe es den FC Energie nicht. Unsere über 3.000 Mitglieder bilden nicht nur einen emotionalen Wert und Rückhalt, sondern auch eine starke finanzielle Basis. Das Votum für die Erhöhung des Mitgliedsbeitrages und die Erhebung der Sonderumlage auf der Mitgliederversammlung 2017 hat schließlich gezeigt, was für ein Zusammenhalt in unserem Verein herrscht. Wir verzeichnen bereits 20 lebenslange Mitgliedschaften - das ist sensationell und es werden mit Sicherheit noch weitere folgen. Wir werden auch zukünftig mit unseren Mitgliedern kommunizieren, den Dialog mit den Fans suchen, wollen das #WIR-Gefühl kontinuierlich weiterentwickeln und die friedliche Fankultur stärken. Gerade auch deshalb, weil es nicht immer nur positive Dinge gibt. Leider sehen wir uns auch immer wieder mit Vorgängen konfrontiert, die ein friedliches Fußballerlebnis gefährden und dem FC Energie sowohl finanziell belasten, als auch einen großen Imageschaden zufügen. Neben der Fanarbeit werden wir die Kommunikation mit den Sponsoren, mit den wirtschaftlich Verantwortlichen der Region sowie den regional und landespolitisch Verantwortlichen weiterentwickeln und ausbauen.

Was meinen Sie damit und wie soll diese Kommunikation konkret aussehen?

Wir werden demnächst wieder einen Mitglieder-Stammtisch durchführen, den ersten in der neuen Konstellation – ein geeigneter Termin wird sich finden lassen. Die intensive Zusammenarbeit mit dem Fanprojekt Cottbus und den Fansprechern wollen wir mit mehr ‚Leben“ füllen, um zusammen mit dem Fanbeauftragten Jens Petereins noch direkter und zielführender in den Austausch zu treten. Das ist immens wichtig, um auch präventiv tätig zu sein und wirksam werden zu können. Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Netzwerkpartnern, die als Grundlage unseres Handelns dient, bleibt stetig hoch. Wir werden in absehbarer Zeit den zweiten „Runden Tisch für Vielfalt“ durchführen, zeigen fortwährend klare Kante gegen Rechtsextremismus, Fremdenhass und Gewalt und auch vom Bündnis „Cottbus ist bunt“ wird man im Jahr 2019 wieder hören. Eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit diversen Bildungseinrichtungen und Projekten steht ebenso auf der Agenda, wie die Umsetzung der Stelle für Vielfalt und Toleranz im Verein. Dank der Unterstützung der F.C. Flick-Stiftung sind wir auf dem Wege der Finanzierung ein großes Stück weitergekommen und werden demnächst diese Stelle ausschreiben.

Herr Fahle, zum Abschluss möchten wir Ihnen mit dem Blick nach vorne gerne die Möglichkeit geben, ein paar Wünsche zu äußern.

Ich wünsche nicht mir, sondern natürlich uns den wichtigen Klassenerhalt im Mai, dass wir unseren Verein stets in ruhigem Fahrwasser halten und uns weiterentwickeln. Und natürlich, dass der politisch gewollte Strukturwandel zeitlich mit Augenmaß und der Neuschaffung mindestens aller wegbrechenden Industriearbeitsplätze umgesetzt wird! Die Region braucht den FC Energie und wir brauchen die Region. Wir wollen auch weiterhin das sportliche Aushängeschild der Energie-Region bleiben. Unter diesem Aspekt arbeiten wir hier und so schließe ich mit einem sportlichen „Glück auf“ ab!

Herr Auth?

Der Präsident hat es sehr schön auf den Punkt gebracht und somit ist vom meiner Seite aus nichts hinzuzufügen. Vielen Dank.